Anzeige gegen den Bundespräsidenten durch den Bonner Bürger Wolf Göhring
Redebeitrag von Wolfgang Göhring zum 1. September 2023 - betreffend Streumunition für die Ukraine

(red. AF, Stand 13.08.2023)

Vorbemerkung:
Die jüngste Steigerung der Waffenlieferungen aus Nato-Staaten an die Ukraine
und damit die weitere Steigerung ihrer sogenannten indirekten Beteiligung am Ukraine-Krieg
ist die Lieferung von Streumunition durch die USA.
Ein Bonner Bürger, Wolf Göhring, hat eine Strafanzeige gegen den Bundespräsidenten erstattet, weil der diese Lieferung gutgeheißen hat.
Steinmeier hatte im ZDF-Sommerinterview gesagt, man dürfe den USA bei der Lieferung von Streumunition nicht in den Arm fallen.
Herr Göhring kann heute leider nicht hier sein, um seinen Aktion zu erläutern; er ist zu einer Wochenend-Tagung, auf der es ebenfalls intensiv um Krieg und Frieden gehen dürfte. Er bittet uns, die folgende Erläuterung seiner Strafanzeige zu verlesen.

Wolf Göhring schreibt:
In meiner weiteren Nachbarschaft bin ich immer wieder einmal einem älteren Mann begegnet, der hinkte. Man grüßte sich im Vorbeigehen; einmal trafen wir uns an der Haltestelle. Ich fragte ihn, wodurch sein Hinken verursacht war.
Der Nachbar nannte den Gründonnerstag 1944 in der Rheinaue. Dort hatten er, seine vier Brüder und der sechzehnjährige Cousin einen Blindgänger gefunden. Der Cousin machte sich mit einem Schraubenschlüssel daran zu schaffen.
Im Sommer dann wurde er, mein hinkender Nachbar, auf einem Krankenbett in einen Bonner Hörsaal gerollt.
Der Dozent eröffnete seine Vorlesung mit den Worten: „Sie sehen hier den einzigen Überlebenden von 6 Jungen.“

Damit erfuhr er zum ersten Mal, dass seine Brüder und der Cousin tot waren.
Seine Mutter war bei Besuchen stets der Frage ausgewichen, warum sie im heißen Sommer immer schwarz trug.
Dieser Blindgänger in der Rheinaue war ein recht großer Gegenstand.

Die Blindgänger der Streumunition sind klein; sie sind schnell von Gras überwachsen, man kann sie für einen Stein halten, den man mit dem Fuß beiseiteschieben möchte.
Sie töten und verstümmeln aber wie jener in der Rheinaue am Gründonnerstag 1944.
Sie sind gemacht zum Töten und Verstümmeln - auch lange noch, nachdem sie verschossen wurde.
Wie damals treffen sie Zivilisten, vor allem Kinder, lange nach dem Krieg, wenn sie sich unbedarft und unachtsam – was kann man von Kindern erwarten? – verhalten.
„Geh da nicht hin! Fass das niemals an!“ Diese Worte hörte ich oft als Kind, wie viele andere; manche traf es.

Der Bundespräsident wollte uns nun im Sommerinterview des ZDF am 9. Juli weismachen, dass man die Lieferung von Streumunition an die Ukraine nicht behindern solle.
Und das, obwohl in Deutschland jeglicher Umgang damit verboten ist.
Handelt jemand diesem Verbot zuwider, so ist das eine Straftat, die mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden soll; von Steinmeier übrigens mit eigener Hand unterschrieben.
Der kürzeste Weg aber, um diese Munition von den USA in die Ukraine zu schaffen, führt über Deutschland.

Ich sehe in Steinmeiers Worten eine Aufforderung, alle Augen zuzudrücken, wenn diese Munition durch unser Land transportiert wird – eine Straftat im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes.
Mittlerweile wurde die Munition geliefert, und einiges davon wurde bereits verschossen.

Bleibt die Frage, auf welchem Wege sie in die Ukraine transportiert wurde.
Wenn dieser Weg durch Deutschland führte, dann haben sich viele Deutsche strafbar gemacht - alle, die von Amts wegen verpflichtet sind, zu kontrollieren, dass das Kriegswaffenkontrollgesetz eingehalten wird.
Es ist Sache der Staatsanwälte zu ermitteln, was da gelaufen ist und ggf. Strafverfahren einzuleiten,
und zwar ohne Ansehen der Person.

Nachtrag:
Soweit Wolf Göhrings Erläuterungen zu seiner Strafanzeige.
Sie wurde von der Bonner Staatsanwaltschaft zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Koblenz abgegeben.
Inzwischen wurde sie von Koblenz zurückgewiesen. Man sieht sich dadurch – wörtlich – „nicht zur Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen“ veranlasst, „da sich daraus keine zureichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen strafrechtlich relevanten Verhaltens ergeben (§ 152 Strafprozessordnung).“
Das Vorbringen der Anzeige sei „ebenso abwegig wie rechtsmissbräuchlich.“

Darüber hinaus belehrt die Oberstaatsanwältin Herrn Göhring:
Das Treffen von Richtungsentscheidungen
zu einem jeweiligen Zeitpunkt sei gerade Aufgabe politischen Handelns.
Die Staatsanwaltschaft sei nicht – wie er offensichtlich glaube – die Superrevisions-Instanz für nicht genehme politische Entscheidungen.

Herr Göhring wird gegen die Zurückweisung jeglicher Ermittlungen Beschwerde einlegen.

Backup

Osloer "Übereinkommen über Streumunition"

Durch das deutsche Ratifikationsgesetz des Osloer Abkommens wurden im Kriegswaffenkontrollgesetz Streuwaffen neben biologischen und chemischen Waffen sowie neben Anti-Personenminen als verbotene Waffen eingeführt. Hierdurch ist der Umgang mit diesen Waffen verboten und mit Haft bedroht.
Auch das Fördern des Umgangs ist verboten, wozu ein Unterlassen von Maßnahmen gehört, die den Umgang verhindern würden. Diese Strafandrohung kann nur der Gesetzgeber, nämlich der Bundestag, beschließen. Dazu reichte eine Unterschrift in Oslo nicht aus. Die USA möchten dem Munitionsmangel der Ukraine durch Lieferung der Streuwaffen abhelfen. Der kürzeste, aber durch das Kriegswaffenkontrollgesetz verbotene Weg zur Ukraine, führt über Deutschland. Aus meiner Sicht versuchte Herr Steinmeier, diese Verbotstafel wegzuräumen.

Osloer "Übereinkommen über Streumunition"

„Artikel 1
Allgemeine Verpflichtungen und Anwendungsbereich
Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals

  1. Streumunition einzusetzen,
  2. Streumunition zu entwickeln, herzustellen, auf andere Weise zu erwerben, zu lagern, zurückzubehalten oder an irgendjemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben,
  3. irgendjemanden zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Übereinkommens verboten sind. […]“

Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen)

§ 18a Verbot von Antipersonenminen und Streumunition
(1) Es ist verboten,
1. Antipersonenminen oder Streumunition einzusetzen, zu entwickeln, herzustellen, mit ihnen Handel zu treiben, von einem anderen zu erwerben oder einem anderen zu überlassen, einzuführen, auszuführen, durch das Bundesgebiet durchzuführen oder sonst in das Bundesgebiet oder aus dem Bundesgebiet zu verbringen oder sonst die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben, insbesondere sie zu transportieren, zu lagern oder zurückzubehalten,
2. einen anderen zu einer in Nummer 1 bezeichneten Handlung zu verleiten oder
3. eine in Nummer 1 bezeichnete Handlung zu fördern.
(2) Für Antipersonenminen gilt die Begriffsbestimmung des Artikels 2 des Übereinkommens über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung vom 3. Dezember 1997. Für Streumunition gilt die Begriffsbestimmung des Artikels 2 Nummer 2 des Übereinkommens über Streumunition vom 3. Dezember 2008.
(3) Absatz 1 gilt nicht für Handlungen, die nach den Bestimmungen der in Absatz 2 genannten Übereinkommen zulässig sind

§ 20a Strafvorschriften gegen Antipersonenminen und Streumunition
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
1. entgegen § 18a Antipersonenminen oder Streumunition einsetzt, entwickelt, herstellt, mit ihnen Handel treibt, von einem anderen erwirbt oder einem anderen überlässt, einführt, ausführt, durch das Bundesgebiet durchführt oder sonst in das Bundesgebiet oder aus dem Bundesgebiet verbringt oder sonst die tatsächliche Gewalt über sie ausübt, insbesondere sie transportiert, lagert oder zurückbehält,
2. einen anderen zu einer in Nummer 1 bezeichneten Handlung verleitet oder
3. eine in Nummer 1 bezeichnete Handlung fördert.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
1. der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig handelt oder
2. sich die Handlung nach Absatz 1 auf eine große Zahl von Antipersonenminen oder Streumunition bezieht.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 fahrlässig oder in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 oder 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Die Anzeige im Wortlaut:


An die
Staatsanwaltschaft Bonn
Herbert-Rabius-Str. 3
53225 Bonn
Strafanzeige gegen den Bundespräsidenten Dr. Frank Walter Steinmeier
Sehr geehrte Damen und Herren!

Hiermit erstatte ich Strafanzeige gegen den Bundespräsidenten Dr. Frank Walter Steinmeier wegen eines vermuteten Verstoßes gegen § 20a (Strafvorschriften gegen Antipersonenminen und Streumunition), Abs. 1, Nummer 3 in Verbindung mit Nummer 1 Kriegswaffenkontrollgesetz.
Hiernach gilt:
„(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
1. entgegen § 18a Antipersonenminen oder Streumunition einsetzt, entwickelt, herstellt, mit ihnen Handel treibt, von einem anderen erwirbt oder einem anderen überläßt, einführt, ausführt, durch das Bundesgebiet durchführt oder sonst in das Bundesgebiet oder aus dem Bundesgebiet verbringt oder sonst die tatsächliche Gewalt über sie ausübt, insbesondere sie transportiert, lagert oder zurückbehält,
2. einen anderen zu einer in Nummer 1 bezeichneten Handlung verleitet oder
3. eine in Nummer 1 bezeichnete Handlung fördert.“

Dr. Steinmeier hat im breit veröffentlichten „Sommerinterview des ZDF“ am 9. Juli 2023 im Hinblick auf die US-Entscheidung, Streumunition an die Ukraine zu liefern, erklärt, man könne „in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen“. Mit dieser Bemerkung hat er meiner Meinung nach die „Durchführung von Streumunition durch das Bundesgebiet“, nämlich den Transport von US-Streumunition gefördert. Mit seiner Bemerkung werden aus meiner Sicht Amtsträger beim Zoll, bei der Polizei und im Rechtswesen, die für die Einhaltung der Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes aus § 18a und § 20a zu sorgen haben, dazu aufgerufen, die USA ungehindert gewähren zu lassen, also auch nicht nachzufragen und wegzuschauen, wenn sie illegal Streumunition für die Ukraine durch das Bundesgebiet (nach Polen und dann zur Ukraine) transportieren oder transportieren wollen.

Dieser Transportweg ist keine bloße Mutmaßung. Deutschland hat in mehreren Manövern, z.B. bei Defender 2020 und zuletzt in besonderem Maße bei Defender 2023 gezeigt, dass es in jeder Hinsicht als Transitland für Waffentransporte geeignet ist. Es sind zahlreiche weitere europäische Staaten der Konvention gegen Streumunition beigetreten. Mit den Unterzeichnerstaaten Dänemark, Schweden und Norwegen dürfte die Passage zur Ostsee (und somit nach Polen) rechtlich verwehrt sein, ebenso der Überflug. Im Süden grenzt nur Rumänien als Nicht-Unterzeichnerstaat an die Ukraine. Bulgarien und Ungarn haben unterzeichnet. Ein Schiffstransport von Streumunition durch den Bosporus dürfte wegen des Vertrags von Montrieux verwehrt sein. Ob die Türkei Überflugrechte zum Lufttransport nach Rumänien gewähren würde, dürfte mehr als fraglich sein, auch wenn sie die Konvention nicht unterzeichnet hat.

Es ist daher für die USA von größtem Interesse, die der Ukraine zugesagte Streumunition baldmöglich, unhinterfragt und ohne rechtliche Hindernisse durch das deutsche Bundesgebiet nach Polen und von dort zur Ukraine transportieren zu können.
Dr. Steinmeiers Bemerkung muss als öffentliche Mahnung angesehen werden, den USA entgegen dem deutschen Kriegswaffenkontrollgesetz keine rechtlichen Hindernisse für den Transport von Streumunition durch das Bundesgebiet in den Weg zu legen. Dies auch im Gegensatz zu Artikel II Absatz 1 des Abkommens vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut), welcher die Entsendestaaten verpflichtet, das Recht des Aufnahmestaates, also das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz zu achten. Dr. Steinmeier ist rechtlich zu gut beschlagen und beraten, als dass ich seine Bemerkung als fahrlässigen Ausrutscher werten könnte, sondern ich muss sie als bewusst vorgebracht ansehen, um den Transport von US-Streumunition durch das Bundesgebiet zu fördern, zumal Dr. Steinmeier auch bemerkte, dass die Ukraine diese Waffen benötige.

Gemäß Artikel 59 Grundgesetz vertritt der Bundespräsident „den Bund völkerrechtlich“, d.h. er ist unter anderem vollständig an die für den Bund geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen gebunden. Dazu gehört auch das Abkommen zur Ächtung von Streumunition, das vom Bundestag als „Gesetz zu dem Übereinkommen vom 30. Mai 2008 über Streumunition“ beschlossen wurde (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009, Teil II, Nr. 17 ) und die Ratifikation des Abkommens durch die Bundesrepublik Deutschland abschloss. Die Ratifikationsurkunde ist (neben denen weiterer 110 Staaten) gemäß Abkommen bei den Vereinten Nationen hinterlegt als Ausweis gegenüber diesen Nationen und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen dafür, dass Deutschland als Rechtsstaat im Innern die Regeln dieses Abkommens zum Humanitären Völkerrecht ohne Wenn und Aber umsetzen wird, wie es in der Gesetzesverkündung vom 6. Juni 2009 vorgesehen ist. Ein Vorbehalt, dass man gegebenenfalls den USA „nicht in den Arm fallen“ dürfe, ist darin nicht niedergeschrieben. Dr. Steinmeiers Äußerung ist meiner Meinung nach auch unter diesem Gesichtspunkt ein Verstoß gegen § 20a, Abs (1), Nummer 3 in Verbindung mit Nummer 1 Kriegswaffenkontrollgesetz. Ich bitte Sie daher, im Sinne dieser Strafanzeige zu ermitteln. Sollten Sie nicht zuständig sein, so bitte ich Sie, die Anzeige an die zuständige Stelle weiter zu leiten.

Ich bitte Sie, mir den Eingang zu bestätigen und mir das Aktenzeichen mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf Göhring